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Bergsenkungen ⚒ in der Kirchheller Heide EarthCache

Hidden : 9/20/2016
Difficulty:
2 out of 5
Terrain:
2 out of 5

Size: Size:   other (other)

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Geocache Description:

Mit diesem EarthCache möchte ich euch zeigen, wie der Mensch in den letzten Jahren großflächig auf die Topographie des Ruhrgebietes Einfluss genommen hat und sie damit dauerhaft veränderte. Diese Auswirkungen in Form von Bodensenkungen und Erhebungen sollen am Beispiel der Stadt Bottrop verdeutlicht werden.
Die Fragen können alle an den Listingskoordinaten beantwortet werden. Für Interessierte gibt es noch zwei Referenzpunkte.


Der EarthCache liegt in einem Naturschutzgebiet. Für die Beantwortung der Fragen ist das Verlassen der offiziellen Wege zu keiner Zeit notwendig.

Das Anthropozän


Die Erdgeschichte ist in Zeitalter eingeteilt, die jeweils mehrere Millionen Jahre andauern. Dabei hinterlässt jedes Zeitalter "Fingerabdrücke" in Form von Gesteinsschichten, die mit Fossilien Auskunft über das Klima, die Pflanzen und Lebewesen aus dieser Zeit geben.
In der Wissenschaft wird aktuell darüber diskutiert, ob ein neues Zeitalter "Das Anthropozän" angebrochen sei. Anthropozän bedeutet so viel wie menschengemachtes Zeitalter. Seit der Industriellen Revolution greift der Mensch so massiv in die geologischen Prozesse der Erde ein, dass die Auswirkungen noch mindestens die nächsten 300.000 Jahre sichtbar bleiben. So wird man in vielen Jahren die neuen Stoffe wie z.B. Beton oder Aluminium aus der heutigen Zeit im Boden nachweisen können, wie man aktuell noch Dinosaurierspuren aus der Oberkreide im Boden findet. Im bergbaugeprägten Ruhrgebiet findet man noch weitere anthropogene Eingriffe, welche die nächsten Jahrtausende Bestand haben werden, nämlich Veränderungen im Relief. Dazu zählen u.a. die Aufschüttungen meterhoher Halden oder die Absenkungen der Erdoberfläche als langjährige Folgen des Bergbaus. Auf diese beiden Folgen als Teil des "Anthropozäns" wird dieser Earth-Cache näher eingehen.
Bis zur Entscheidung, ob der Begriff "Anthropozän" tatsächlich verbindlich als neues Zeitalter eingeführt wird, können in der Wissenschaft noch viele Jahre vergehen.

Das "Anthropozän" in der Kirchheller Heide


Jetzt möchte ich euch einen besonderen Ort in der Kirchheller Heide vorstellen. An den Listingskoordinaten befindet sich eine Aussichtsplattform, von der man einen guten Blick auf den Weihnachtssee hat. Hier fällt schnell auf, dass es sich nicht um einen herkömmlichen See handelt, der z.B. mit dem Rückzug der Eiszeiten entstanden sein kann. Die aus dem Wasser ragenden Baumreste weisen daraufhin, dass dieser See relativ jung ist und hier bis vor wenigen Jahren noch ein dichtes Waldgebiet bestand.
Tatsächlich hat sich der See erst im Jahr 2003 über die Weihnachtstage gebildet, wodurch auch der Name "Weihnachtssee" stammt. Vorher floss hier der "Schwarzbach" durch die Kirchheller Heide und besaß nur eine durchschnittliche Breite von 1-2 Metern.



Welche geologischen Prozesse sind nun dafür verantwortlich, dass innerhalb weniger Tage aus dem kleinen Schwarzbach der jetzt dauerhaft bestehende Weihnachtssee entstanden ist?

Entstehung von Senkungsmulden


Die Ursache für die Bildung des Sees liegt beim Bergwerk Prosper Haniel, welches unter der Kirchheller Heide Steinkohle abgebaut hat. Dabei verändert jeder Eingriff unter der Erde den Spannungszustand zwischen den Gesteinsschichten. Sofern die unterirdischen Hohlräume nicht durch Stahl- oder Betonbauten gefestigt werden, drücken permanent die darüber liegenden Gebirgsschichten auf den Hohlraum. Sobald die Gesteinsschicht in unmittelbarer Nähe über dem Abbaugebiet dem Gebirgsdruck nicht mehr standhalten kann, gibt sie nach und fällt ein. Mit der Zeit fallen auch die darüber liegenden Gebirgsschichten ein, sodass sich an der Erdoberfläche die typische Senkungsmulde (Senkungstrog) bildet. (siehe Abb. 2)




Eigenschaften von Senkungsmulden


Die Größe der Senkungsmulde ist von folgenden Faktoren abhängig:
- Einfallen des Kohleflözes
- Länge/ Breite der Abbaufläche
- Dicke des Kohleflözes
- Tiefe des Abbaus
Betrachtet man das rechte Bild der Abb. 2, so ist hier zu erkennen, dass sich der Senkungsbereich an der Erdoberfläche über eine längere Strecke zieht, als das Abbaugebiet unter der Erde groß ist. Das heißt also, dass sich vielerorts die Erde geneigt hat, ohne das sich unmittelbar darunter ein Hohlraum befindet (siehe rote Zerrungszone). Von den Abbaukanten des eingebrochenen Stollens beträgt der Winkel ca. 60° nach außen zur Oberfläche, wo die Senkung noch sichtbar ist.

Senkungsmulden bestehen aus einer Zerrungs-/ (rot eingezeichnet) und einer Pressungszone (gelb):
Durch die Bildung einer Mulde nimmt gleichzeitig die Fläche der Erdoberfläche in diesem Bereich zu. Das kann nur geschehen, indem Teile der Oberfläche gestreckt werden. Dieser gestreckte Bereich ist der äußere Bereich der Mulde und wird "Zerrungszone" genannt. Der innere Teil der Mulde wird Richtung Abbauschwerpunkt gezogen, sodass an dieser Stelle die Gebirgsschichten zusammengedrückt werden und als "Pressungszone" bezeichnet werden.
Bis solch eine Absenkung an der Oberfläche sichtbar wird, vergeht in der Regel ein halbes Jahr nach Ende des Abbaus unter Tage. Bereits nach 2 Jahren sind 80% der zu erwartenden Senkungen eingetreten und nach ca. 5 Jahren werden keine besonderen Bewegungen mehr beobachtet.

Entstehung des Weihnachtssees durch Bergsenkungen


Die Absenkungen in der Kirchheller Heide stellen eine Besonderheit dar, da sie Auswirkungen auf ein bestehendes Fließgewässer hatten. Nachdem hier das Flöz "Chriemhilt" unter Tage eingebrochen ist, wölbten sich die darüber liegenden Gebirgsschichten, die bislang als Bett des Schwarzbaches dienten, ebenfalls nach unten. Die Bildung der Senke verhinderte nun das fortlaufende Abfließen des Baches, wodurch sich das Wasser sammelte und zu einem See anstaute. Erst als der See über die Höhe des Senkungsrandes angewachsen war, konnte das Wasser an der Oberfläche wieder abfließen. Somit ist der hier angestaute Weihnachtssee Teil des Schwarzbachs und weiterhin ein langsam fließendes Gewässer. Die damit verbundenen Auswirkungen auf die Flora und Fauna sind immens, sollen aber hier nicht weiter thematisiert werden. Weitere Informationen dazu findet ihr auf der Schautafel vor Ort.

Anthropozän als weitsichtbare Erscheinung in Form von Halden


Werfen wir zum Schluss noch einen Blick auf die ganze Stadt Bottrop (Abb. 3) so stellen wir fest, dass der Bergbau in weiten Teilen der Stadt Höhenänderungen im Gelände hervorgerufen hat.



Neben den vielen Bereichen, an denen Bergsenkungen stattfanden, sehen wir hier auch, dass der Bergbau mit der Aufschüttung von mehreren Halden zu Erhöhungen im Relief beitrug.
Beim Abbau von Steinkohle wird gleichzeitig taubes Gestein, also nicht kohleführendes Material, mit an die Tagesoberfläche gefördert, das keine weitere Verwendung findet. Anfangs wurde dieses Gestein möglichst unauffällig an Hänge angelagert und ist heutzutage kaum als Halde zu erkennen (Hangböschungshalden). Hingegen entstanden die klassischen Berghalden erst, nachdem die Fördermengen stiegen und der Abraum auf möglichst kleinem Raum abgelagert werden musste. Hier wurde das lockere und taube Gestein bis über 150 Meter hoch mitten in der Landschaft aufgeschüttet. Insgesamt gibt es 183 Halden und 23 Deponien aus Schlacken, Bodenaushub, Schutt und Hausmüll im Ruhrgebiet, davon entfallen vier größere Halden auf die Stadt Bottrop (Halde Haniel, Halde Beckstraße, Halde Schöttelheide & Halde Prosperstraße). Lediglich die Halde Schöttelheide, die unmittelbar neben der Halde Haniel liegt (siehe WP im Listing), befindet sich noch in Aufschüttung (Stand 2017). Die anderen drei Halden wurden renaturiert und dienen heute der Naherholung.

Ausblick für die Kirchheller Heide


Die Bottroper Zeche Prosper Haniel war die letzte noch aktive Zeche im Ruhrgebiet, die bis Dezember 2018 Steinkohle abgebaut hat. Auch wenn der Abbau unter der Kirchheller Heide größtenteils 2013 gestoppt wurde, so ist hier auch in den nächsten Jahren noch mit weiteren Bodenbewegungen zu rechnen. Der Schwarzbach sackte beispielsweise innerhalb von drei Jahren um weitere 51 cm ab, mehr als genehmigt (Stand: 09.09.2016). Wenn dadurch dem Bach das Gefälle ausgeht, muss das Wasser bald mit Pumpen aus der Senkungsmulde befördert werden.
Bislang hatte der Bergbau unter der Kirchheller Heide die größte Auswirkung auf die angrenzenden Stadtteile Kirchhellen und Grafenwald. Dort entstanden durch bergbaubedingte Erdbeben bereits Schäden an Gebäuden, da diese Stadtteile in den Zerrungs-/Pressungszonen liegen. Durch den Bergbau verursachte Erdbeben sind in dieser Gegend keine Seltenheit (wie zuletzt am 16. Februar 2012, am 01. September 2015, am 28. Mai 2016, am 17. Juli 2017, am 06. Oktober 2017, am 22. Januar 2018, am 07. März 2018, am 25. Mai 2018 oder am 28. Juni 2018), wenn sich ruckartig Spannungen in den unterirdischen Gebirgsschichten lösen.

Das jüngste durch Bergbau verursachte Erdbeben in der Kirchheller Heide trat am Sonntag, den 05.08.2018 auf, mit einer Stärke von 2,3 auf der Richterskala. "(siehe Artikel in der WAZ)"

Um diesen EarthCache zu loggen, beantworte bitte die folgenden Fragen und schicke mir die Antworten über das Message Center zu. Kurze Stichpunkte reichen vollkommen aus. Du kannst dann direkt loggen – wenn etwas nicht stimmt - melde ich mich.

Aufgaben:


1.) Schau dir vom Wetterhäuschen aus den Weihnachtssee an: Wenn man bedenkt, dass dies bis zum Jahr 2003 noch ein Bach von 1-2 Metern Breite war, was schätzt Du, auf wie viel Meter hat sich das Gewässer durch Bergsenkungen nun ausgeweitet?
(ungefähre Distanz zwischen Wetterhäuschen und gegenüberliegendem Ufer)

2.) Betrachte die Schautafel am Wetterhäuschen: Wie viel Meter unter der Erde lag der Hohlraum, dessen Einsturz hier für Bergsenkungen bis zur Oberfläche geführt hat (oder einfacher gefragt: Abbautiefe der Steinkohle)?

3.) Bis zu welchem Bach erstreckt sich der maßgebliche Bergsenkungseinfluss ungefähr im Nord-Westen laut der Karte auf dieser Schautafel?

4.) Bitte füge deinem Logeintrag noch ein Bild am Weihnachtssee bei.





Viel Spaß mit diesem Earth-Cache und natürlich eine schöne Zeit in der Kirchheller Heide!

Die Listingskoordinaten sind nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad und nur von Süden zu erreichen.



Literatur:


FISCHER (2008): Die Geschichte vom Weihnachtssee. WAZ, 12.12.2008.
HARNISCHMACHER (2010): Bergsenkungen im Ruhrgebiet, LWL, online.
HELLMANN (2015): Berghalden - Halden im Ruhrgebiet, online.
POLLMANN & WILKE (1994): Der untertägige Steinkohlebergbau und seine Auswirkungen auf die Tagesoberfläche.
RICHTER (2016): Anthropozän: Zeitalter des Menschen. BR, online.
RUB (2013): Bergsenkungen infolge des Steinkohlebergbaus, online.
SÜSELBECK (2016): Der Schwarzbach sackt weiter ab als genehmigt. WAZ-Bottrop, 09.09.2016.
SÜSELBECK (2016): Bergschäden schaffen 50 Hektar See. WAZ-Bottrop, 16.02.2016.
SZELAG & WEBER (1993): Bergsenkungen. In: Wiggering (Hrsg.): Steinkohlebergbau, S. 121-136.

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