
Die Tränenburg
Hier, wo heute ein unansehnlicher Parkplatz neben einem Verlagsgebäude, dem medizinsichen Dienst der Krankenkassen und einem mehrstöckigen Wohnkomplex sind, stand einmal eine überaus hübsch anzusehende Villa, die Villa Willmer - im Volksmund auch Tränenburg genannt..
Friedrich Willmer, der Bauherr, war ein recht wohlhabender, allerdings angeblich leicht cholerischer Ziegeleibesitzer, dessen Ausbeuterei von Arbeitern und Lieferanten wohl dazu führte, dass diese seiner schloßähnlichen Villa den Beinahmen „Tränenburg“ gaben.
Gebaut wurde diese zwischen 1884 und 1886 von Karl Börgemann (einem Schüler von Conrad Hase). Die Villa hatte 75 Zimmer und wurde von einem ca. 10.000 m² großen Park umgeben. Um von dem Lärm seiner eigenen Ziegelei nicht gestört zu werden, hatte Friedrich Willmer die Villa am äußersten Zipfel seines Grundstückes, dem Rittergut Döhren II (später Rittergut Waldhausen), bauen lassen.
Leider war das goldene Zeitalter der Ziegeleien irgendwann vorbei, spätestens zur Zeit des zweiten Weltkrieges geriet die Ziegelei in finanzielle Schwierigkeiten. Der Bauherr, Friedrich Willmer, war schon 1908 gestorben. Sein Sohn und Erbe Gustav Willmer starb 1940 und vererbte Villa und Gründstück an seine 3 Töchter, die ihr Erbe Stück für Stück veräußerten.
Im Krieg ist das Obergeschoß der Villa zerstört worden und lange Zeit diente die leerstehende Tränenburg Obdachlosen als Unterkunft. 1970 wurde die Villa an eine Baugesellschaft verkauft, die an dieser Stelle ein mehrgeschossiges Appartementhaus bauen wollte. Der Protest der Hannoveraner gegen den Abriss dieses wirklich besonderen Baudenkmales wurde zwar gehört, nur nutze er nichts. Zu dieser Zeit gab es in Niedersachsen noch keine Denkmalsschutzgesetze. Dem damaligen Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht ist es vermutlich zu verdanken, dass alle Versuche, auch von dem neuen Besitzer, einen Abriss der Tränenburg zu verhindern, gescheitert sind. In letzter Instanz wurde sogar angeboten, der Stadt Hannover die Villa zu schenken, sofern dafür im hinteren Teil des Grundsückes das geplante Appartementhaus gebaut werden dürfe. Der Stadtbaurat hatte wohl andere Ziele (nur welche?) und so rückten im August 1971 die Bagger an, die in wenigen Tagen Villa und Inhalt dem Erdboden gleich machten.
Als besondere Pointe konnte das an dieser Stelle geplante Haus aufgrund finanzieller Schwierigkeiten der Baugesellschaft (wohl auch durch die einjährige Verzögerung zwischen Kauf und Abriss der Tränenburg) nicht mehr gebaut werden. Statt dessen ist hier nun ein Parkplatz!!!
Trauriger geht’s kaum, schade um die schöne Tränenburg!
Weitere Informationen sowie viele Innen- und Außenaufnahmen der Tränenburg finden sich in dem Buch „Hannover – Wiederaufbau und Zerstörung von Friedrich Lindau“, welches wenigstens zur Zeit als Onlinekopie bei Google einsehbar ist:
Google-Books
Es muss für den Cache natürlich KEIN Privatgelände betreten werden, dieser ist vom Gehweg aus zu erreichen!