Gut unterrichtete Cacherkreise fanden vor kurzem dieses
Manuskript zu einer neuen Sendung der Reihe
„Expeditionen“, eines öffentlich-rechtlichen Senders,
der regelmäßig mit dieser Reihe zur besten Sendezeit die
Nachrichten eines anderen Fernsehkanals blockiert. Skandalöser
Weise hatten Archäologen, Historiker und ungenannte Kreise aus dem
Umfeld des Landes Baden-Württemberg die Ausstrahlung dieses
einzigartigen Filmes verhindert. Wir haben das Filmskript vor der
Vernichtung gerettet und stellen es hiermit allen Geocachologen zur
Verfügung.
Attila
Werden wir das Rätsel seines Grabes je
lösen?
Kamerafahrt über die rheinische Tiefebene; es nähert sich ein
Haufen hunnischer Reiter.
Wir schreiben das Jahr 451. Durch die rheinische Tiefebene
ziehen hunnische Reiterheere. Attila hatte sie gegen Westrom und
seine Verbündeten, die Burgunder, Alanen und Westgoten geführt und
auf den katalaunischen Feldern eine Niederlage erlitten. Die
Verbündeten hatten Attilas Heer umzingelt. Attila hatte sein Ende
nahen gesehen und vorsorglich schon einmal einen Scheiterhaufen
errichten lassen. Aber er entkam und erkannte bald, daß diese
Schlacht keine vollkommene Niederlage für ihn war. Theoderich,
Führer der Westgoten, war in der Schlacht gefallen, und Rom hatte
seine letzten Kraftreserven verbraucht. Attila plante nun den
direkten Angriff auf die römischen Kernlande...
Schnitt: Attila blutbesudelt in den Armen der entsetzten Braut
in zartem Nachthemd
453, nur zwei Jahre später, ist Attila tot. Über seinen Tod gibt
es wiedersprüchliche Nachrichten. Die heute allgemeine anerkannte
Version besagt, dass Attila in seiner Hochzeitsnacht in den Armen
seiner schönen, jungen Braut Hildiko an einem Blutsturz starb. Die
Quellen schweigen jedoch über den Ort der Hochzeitsnacht. Die
Erbauer seines Grabes wurden ermordet. Attilas Grab ist bis heute
nicht gefunden.
Schnitt: Ein Archivar mit weißen Handschuhen schlägt einen
kostbaren alten Druck auf.
Doch kennen wir verschiedene geheimnisvolle Überlieferungen, die
Hinweise auf seine Lage enthalten. Sagen aus ganz Deutschland
berichten von Attilas Grab. Können wir diese uralten, von Mund zu
Mund weitergegebenen Nachrichten aus der Vorzeit vernachlässigen?
Zahlreiche Sagen gehen nachgewiesener Maßen auf einen wahren Kern
zurück. Schon Schliemann bewies, dass man mit ihrer Hilfe wichtige
Schauplätze der Weltgeschichte entdecken kann.
Schnitt: Schliemann, ein Modell Trojas, Schliemanns Frau in
Agamemnons Gold
Wir wollen in dieser Sendung diesen Hinweisen aus dem Volke
nachgehen, das in mündlicher Tradition Wahrheiten bewahrt hat, die
die moderne Wissenschaft allzu oft und fälschlicher Weise als
fehlgeleitete Diskurse vernachlässigt. (Mit roter Schrift am Rande
des Manuskripts: Das als treudeutsche Verballhornung des Stoffes
entlarvte Nibelungenlied lassen wir außen vor. )
Schnitt: Unser GT-Team
An unserer Seite ein Expertenteam aufgeschlossener
Geocachologen, die sich entgegen ihrer Kollegen aus der Archäologie
und der Geschichtswissenschaft noch offen den wahren Fragen der
Schatzsuche nähern können. Auch sie beherrschen meisterhaft die
Technik der Ausgrabung und Dokumentation mit Hilfe von GPS,
Taschenlampen, Zahnarztspiegeln, Pinzetten und natürlich feinsten
Pinselchen.
Schnitt: Erfahrener Geocacher nach einem Fund
Verschiedene Orte in Deutschland nehmen für sich in Anspruch,
uralte Kunde vom Grab Attilas zu besitzen. Eine nähere Untersuchung
der meisten dieser Orte entäuschte jedoch unser geocachologisches
Time-Team (GT-Team). So konnten unsere Experten auch nach
tagelangen sorgfältigen Grabungen im Bereich eines ehemaligen
Teiches bei Alsenz und Glan in der Pfalz keine Spuren eines Grabes
entdecken.
Schnitt: Hardcore-Geocacher bei der Untersuchung des Teiches
Doch unser GT-Team gab nicht auf. Vielversprechender erschienen
ihnen die Hinweise aus dem Breisgau. Hier berichtet eine örtliche
Sage vom Hinscheiden Attilas:
Zwischen Schlatt und dem Rheine trafen sie auf das
Heer der Deutschen und erlitten eine völlige Niederlage. Ihr Fürst
fiel in der Schlacht; er wurde von ihnen in einen goldenen Sarg
gelegt, den wieder ein silberner und schließlich ein hölzerner
umschloß. Dann hat man ihn mit seinen Schätzen und einem
lebensgroßen goldenen Götzenkalb drei Stunden von der Hochstraße
beerdigt. Über dem Grabe errichteten die Hunnen einen mächtigen
Hügel, den Heidenbuck, und rechts und links, in geringen
Entfernungen, je einen kleineren, damit die Feinde nicht wissen
sollten, wo der Fürst begraben sei. Noch immer ist er mit all
seinen Kostbarkeiten unaufgefunden. Auf dem Schlachtfelde läßt sich
in manchen Nächten Kampfgeschrei und Waffengetös unsichtbarer
Streiter hören.
Schnitt: Kamerafahrt über Schlatt und den Schlatter Berg
Könnte es sich hier um einen in langer mündlicher Überlieferung
erhaltenen Hinweis auf Attilas Grab handeln? Erreichte Attila
vielleicht nie Italien? Wurde die ganze Geschichte erfunden, um mit
den Schilderungen grausamer Plünderungen in Italien seinen Ruf als
genialen Heerführer und Eroberer zu schädigen? Wurde er stattdessen
von alemannischen Partisanen im Breisgau ermordet und von seinen
trauernden Heerscharen hier beigesetzt?
Schnitt: alter Wünschelrutengänger macht sich im wabernden Nebel
mit zitternder Wünschelrute auf den Weg
1964 machte sich in Schlatt ein Wünschelrutengänger auf die
Suche nach Attilas Grab. Der in den Künsten des Volkes noch
Kundige, hatte offensichtlich aufmerksam dem Volke zugehört und die
Hinweise entschlüsselt. Doch kamen ihm Archäologen zuvor. Sie
stellten natürlich die Vermutungen dieses Kundigen als Unsinn dar
und behaupteten, in dem vom Wünschelrutengänger gefundenen
Grabhügel hätten sich die sterblichen Überreste von Menschen aus
der Hallstadtzeit befunden.
Schnitt: Archäologe erklärt einen Schnitt durch die Grabhügel
und die Funde
Auch die geheimnisvollen Hinweise über ein Hügelgrab in der Nähe
von Oberrimsingen wurden von den Archäologen vernachlässigt. Wieder
stellten sie mit Hilfe ihrer Grabungen die These auf, daß die
Bestattungen erheblich älter seien. Uns jedoch gibt diese Sage zu
denken, die mit den Hügelgräbern bei Oberrimsingen in Verbindung
gebracht wird.
Schnitt: blaue Filmnacht – grell leuchtet der Körper eines
weissen Pferdes aus dem Bodennebel – es trägt eine dunkle,
kopflose Gestalt
Ein Schimmelreiter treibt hier sein Unwesen. In
schwarzer Gestalt reitet er auf blendend weißem Pferd des Nachts
vom Rheine her und trägt seinen eigenen Kopf unter dem linken Arm.
So sprengt er auf den mittleren und größten der drei Grabhügel
zu.
Der geheimnisvolle Geisterreiter wird eindeutig mit dem Grab in
Verbindung gebracht. Es ist wie Attila ein Reiter und – was
als wichtiger Hinweis gewertet werden kann – er kommt wie
Attila vom Rhein und somit aus der Gegend, in der die Schlacht auf
den katalaunischen Feldern stattfand.
Schnitt: Kamerafahrt durch Niederrimsingen, zum Schluß der
mächtige Kopf Attilas
Die Hinweise verdichteten sich. Gespannt reisten wir vor Ort, um
nähere geocachologische Studien durchzuführen. In Niederrimsingen
fanden wir weitere Hinweise. Hoch über dem Ort am Tuniberg erhebt
sich ein Attilafelsen. Zu diesem führt die Attilastraße.
Auch besitzt der Ort eine Attilahalle und ein Lokal mit dem Namen
Attilastuben. Und wir fanden einen riesigen Attilakopf, der
wie ein Epitaph auf das verschollene Grab des Fürsten zu deuten
scheint. Doch alle Grabstätten hier und auch im weiteren Umfeld bis
Ihringen hatten schon die Archäologen ergraben und natürlich als
weit älter datiert.
Aber die geballte Dichte der Hinweise ließen unser erfahrenes
GT-Team nicht verzagen. Auffällig erschien unseren Forschern
zunächst, daß die Einwohner des Dorfes Niederrimsingen den
Aufzeichnungen der Historiker zufolge, noch bis nach dem zweiten
Weltkrieg unter schwierigsten Bedingungen ihr Auskommen
erwirtschafteten.
Schnitt: Aufnahme historischer Weinlese, Niederrimsinger vor
ihren Häusern um 1900
Heute macht das Dorf jedoch einen wohlhabenden Eindruck.
Tagelange mühevolle Recherchen in den unterschiedlichsten
Archiven erbrachten schließlich einen entscheidenen Hinweis. In
einer Zeitungsmeldung der Badische Zeitung (BZ) vom 1. April
1955 heißt es:
Nachdem der Tuniberg immer mehr von seinen
Geheimnissen freigibt, hat man in den gestrigen Abendstunden einen
sensationellen Fund auf der Gemarkung Niederrimsingen gemacht.
Schon seit vielen Jahren wurde von Wünschelrutengängern auf dem
Niederrimsinger Berg beim Attilafelsen versucht, die Grabstätte
Attilas, des Hunnenkönigs, zu finden. Als nun am gestrigen Abend
eine der Planierraupen einen Steinhügel einebnete, wurde in einer
höhlenartigen Nische plötzlich ein sargartiges Gebilde sichtbar.
Dank der Initiative des Planierraupenfahrers, der die Arbeit sofort
einstellte, konnte hier ein wertvoller Fund geborgen werden. Der
Sarg, der ganz aus Eisen war, wurde von ein paar Männern
freigelegt. Der Deckel ließ sich leicht abheben, und im Innern
wurde ein zweiter Sarg sichtbar, der nach fachmännischem Urteil
ganz aus Silber sein soll. Der Platz wurde abgesperrt und das Amt
für Ur- und Frühgeschichte benachrichtigt, das heute gegen 11 Uhr
auf dem Platz eintreffen wird.
Schnitt: Trauernder Zug von Hunnen transportiert einen
Sarkopharg auf den Tuniberg
Sollte dies der alles entscheidende Hinweis sein? Sind wir auf
der richtigen Spur? Hatten die Sagen, überliefert aus finsterer
Vorzeit, doch Recht? Wurde Attila auf dem Tuniberg bei
Niederrimsingen begraben?
Schnitt: Kamerafahrt über die reichen Funde aus alemannischen
Reihengräbern in der Schatzkammer der Museums, Gespräch mit
Experten
Wir wandten uns an die Experten vom Museum für Ur- und
Frühgeschichte in Freiburg. Hier werden die zum Teil erlesenen
Funde aus den Hügelgräbern und Reihengräberfriedhöfen rund um den
Tuniberg ausgestellt.
Schnitt: Erdbewegungen am Tuniberg
Die Experten vom Museum erklärten, daß am Tuniberg 1951 mit der
Flurbereinigung begonnen wurde. Es wurden große Mengen Erde bewegt
und es konnten mit Hilfe von Rettungsgrabungen einige wichtige
vorgeschichtliche Funde geborgen werden. Von einem Silbersarg
Attilas war den Experten allerdings nichts bekannt. Sie vermuteten,
es könne sich nur um einen Aprilscherz gehandelt haben. Der von uns
gefundene Artikel aus der Badischen Zeitung ein Aprilscherz der
Niederrimsinger?
Schnitt: Kamerafahrt über den Attilafelsen, dann über die
Rheinebene und Zoom auf das adrette Niederrimsingen
Wir fuhren zurück an den Ort des Geschehens. Über dem
Attilafelsen prangt unübersehbar ein riesiger Schriftzug mit
Attilas Namen. Sind wir am Ende unserer Recherchen? Werden wir das
Rätsel um Attilas Grab je lösen?
Schnitt: Auszug aus der BZ, vorgelesene Stelle gelb
unterlegt
Eines gibt uns zu denken. In der Notiz aus der Badischen
Zeitung vom 1. April 1955 heißt es nach der Meldung des Fundes
nämlich weiter:
Da der Fund auf gemeindeeigenem Gelände gemacht
wurde, wird das Eigentumsrecht eine heiß umstrittene Frage werden.
Die Gemeinde wird diesen kostbaren Fund dem Staat gegenüber solange
zurückbehalten, bis die durch die Karnickel verursachten Schäden an
den Reben während der Besatzungsjagd von Seiten des
Finanzministeriums in Bonn ausgezahlt sind.
Sollte schon 1955 ein Besitzer wertvollen badischen Kulturgutes
einen Tauschhandel mit dem Land Baden-Württemberg eingegangen sein?
Stammt die heutige Wohlhabenheit der Niederrimsinger vom Gold in
den Reben?
Wir sagen: Schade, daß uns der bekannte Sender diesen
brisanten Film vorenthält. Aber um wenigstens die
Forschungsgemeinschaft der Geocacher von diesen wichtigen
Forschungen zu unterrichten, entschlossen wir uns zu
Veröffentlichung und nahmen Kontakt zum GT-Team auf. Sie hatten
weiter gesucht und einen geheimnisvollen Fund gemacht. Dankeswerter
Weise ließen sie uns folgende Hinweise zukommen:
1. Wie lauten die Koordinaten von Attilas linkem
Nasenloch?
N 47° AB.C ' E 007° DE.F
'
2. Sucht den Pfad Attilas und findet das Haus, in dem ein
Verehrer Attilas wohnt!
Haus-Nr.=G
3. Am 1. April 1970 lautete eine Schlagzeile in der
Badischen Zeitung:
Attila wird verfilmt! Ein Experten-Team der
Metro-Goldwyn-Mayer aus Hollywood kam am Ostermontag in
Niederrimsingen an.
Findet ATTILAwood! Und messt die Koordinaten in der Mitte
dieses Zeichens.
N 47° HI.J ' E 007° KL.M
'
Stellt folgende Rechnung an und Ihr werdet einen Fund
machen!
N=(F+7)/3 gerundet auf ganze Zahl
O=J/3 gerundet auf ganze Zahl
P=O*K-L-3
Q=(M+10)/3 gerundet auf ganze Zahl
R=D+A
S=I-K-Q
T=N+G+E-1
U=D+1
Geht zu: N 47°
(H)(R).(Q)(P)(T)' E 007°
(K)(S).(U)(N)(G)'
Wer noch Lust hat weiter auf den Spuren der Attila-Sage zu
wandeln, kann auch die Mikros
Grabräuber I und
Grabräuber II suchen oder sich mit
Onkel Hermanns Geschichtsforschungen (6)
beschäftigen.