EINLEITUNG
Bau und heutiger Zustand
Das Artilleriewerk «Sasso da Pigna» wurde während des Zweiten Weltkriegs als Teil des «Réduit National» gebaut. Es zählt zu den grössten Artilleriewerken der Gotthardfestung und war von 1943 bis 1999 in Betrieb. Der ursprüngliche Zustand von 1945 ist im Bereich «Historische Festung» erhalten geblieben. Im ehemaligen Unterkunftstrakt befindet sich heute die Themenwelt «Sasso San Gottardo». Dieser Bereich wurde vollständig neu gestaltet.
Bewaffnung
Die Festung verfügt über zwei Batterien mit je zwei 15 cm Bunkerkanonen. Die Batterie Ost deckt die Leventina bis auf die Höhe von Chiggiogna ab. Die Batterie West ist auf den Passo San Giacomo gerichtet und auf den Nufenenpass. Die Geschütze der Batterie West können besichtigt werden.
Besatzung
Die Festung verfügte wegen ihrer exponierten Lage über einen sehr hohen Autonomiegrad. Wasser-, Lebensmittel-, Munitions- und Treibstoffvorräte genügten, um für Monate unabhängig von der Aussenwelt überleben zu können. Zudem konnte die Besatzung die Aussenverteidigung selber sicherstellen. Diese Besatzung bestand aus Kanonieren, Infanteristen, Werkschutzsoldaten, Übermittlern, Sanitätern und dem Personal für die Logistik. Die Unterkünfte boten für ca. 500 Mann Platz. Der Sanitätstrakt war mit 87 Betten für kranke oder verwundete Soldaten ausgerüstet.
Eine Notlösung
«Sasso da Pigna» wurde wie die meisten schweizerischen Artilleriewerke als Teil des «Réduit national» gebaut. Was ist das «Réduit»? Im Sommer 1940 sah sich die Schweiz von den Achsenmächten Deutschland und Italien umzingelt. Frankreich hatte kapituliert und Österreich war seit 1938 ein Teil des Deutschen Reichs geworden. Die Schweiz konnte somit auf keine Unterstützung mehr hoffen. Sie sah sich einer riesigen Kriegsmaschinerie gegenüber, der sie nichts entgegenzusetzen hatte. General Guisan, der Oberbefehlshaber der Armee, beschloss deshalb, den grössten Teil der Armee in den zentralen Alpenraum zurückzuziehen, damit die Alpenübergänge bereits vor einem Angriff besetzt und im Notfall zerstört werden konnten, bevor die angreifende deutsche Wehrmacht der Armee den Rückzugsweg abschneiden konnten. Damit würde das wichtigste deutsche Kriegsziel – die Inbesitznahme der Alpenübergänge vor ihrer Zerstörung – unerreichbar werden. Für General Guisan war das Réduit eine Notlösung, weil er keine realistischen Alternativen mehr sah.
Kritik am Réduit
Das Mittelland und mit ihm ein grosser Teil der schweizerischen Bevölkerung sowie fast die gesamte industrielle Infrastruktur wären bei einem Angriff ausgeliefert gewesen. Darin lag das Risiko des Plans. Gegen die Idee des «Réduit» regte sich deshalb auch früh Widerstand. «Die Armee hat heute den Auftrag, das Land zu verteidigen. Wenn wir sie zurücknehmen in die Alpen und 2/3 des Landes preisgeben, so ist das keine Landesverteidigung, sondern eine reine Armeeverteidigung. Es hat keinen Sinn, Gebirgsstöcke und Gletscher zu verteidigen, wenn das Mittelland mit seinem reichen volkswirtschaftlichen Ertrag samt dem Grossteil des Schweizervolkes kampflos dem Feind preisgegeben wird» (Oberstkorpskommandant Fritz Prisi, 1940). Die Gewissheit, den Kampf in der bisherigen Armeestellung im Mitteland zu verlieren, veranlasste den General, einen Kampf auf schweizerischem Boden mit allen Mitteln zu verhindern, ohne dabei die Neutralität aufzugeben. Mit einer frühzeitigen Besetzung des Alpenraums schien ihm die Abschreckungswirkung gegenüber den Achsenmächten am grössten zu sein.
1940 - 1945: Mit dem Beschluss, unverzüglich das «Reduit national» zu beziehen, setzte eine intensive Phase des Festungsbaus ein. General Guisan nannte die drei grossen Festungen St-Maurice, Gotthard und Sargans «die wichtigsten Pfeiler des Gesamtplans, zwischen denen wir andere errichten konnten; und eine von ihnen, der Gotthard, wurde die Zitadelle, das heißt der Kern des stärksten und letzten Widerstandes, und zugleich der zentrale Kommandoposten für die Alpenübergänge».
Die Kanonen der Festung «Sasso da Pigna» waren nach Süden ausgerichtet. Sie konnten die Zugangswege, die von der Leventina und über den San-Giacomo-Pass zum Gotthard führten, sperren. Vor allem der San Giacomo-Pass, ein ursprünglich wenig bedeutsamer Übergang vom Bedrettotal ins italienische Val Formazza, war bereits in den zwanziger Jahren ein Trauma der Armeeführung. Was war die Ursache? Angeblich zur touristischen Erschliessung bauten italienische Truppen eine leistungsfähige Strasse auf den bis anhin nur zu Fuss begehbaren San Giacomo-Pass, die auf der Passhöhe endet. Von hier beträgt die Distanz nach Airolo nur gerade noch 13 Kilometer. Für die italienische Artillerie wäre es ein leichtes gewesen, von dort das Südportal des Gotthardtunnels sowie die Passstrasse unter Beschuss zu nehmen, was eine Verteidigung des Gotthard verunmöglicht hätte. Neben «Sasso da Pigna» konnten jedoch noch fünf weitere Artilleriewerke auf den San Giacomo-Pass schiessen. Dadurch wurde ein italienischer Stellungsbezug auf der Passhöhe so gut wie unmöglich gemacht.
1945-1997: Die noch im Bau befindlichen Festungen wurden bis Ende 1945 fertiggebaut. Danach wurde der Festungsbau wieder für längere Zeit eingestellt. Das stets als riskant empfundene Réduit-Konzept wurde bereits 1944 aufgegeben, als die Truppen wieder an die Grenze verlegt wurden, um zu verhindern, dass eine fliehende oder vorrückende fremde Armee das Schweizer Mittelland als Durchmarschland missbraucht. Die Bedeutung der Alpenübergänge blieb jedoch auch nach dem Zweiten Weltkrieg unverändert hoch. Deshalb wurden die Artilleriewerke auch während eines halben Jahrhunderts einsatzbereit gehalten. Die neue Bedrohung durch moderne Waffen, das Ende des Kalten Kriegs und die Verkleinerung der Armee führten schliesslich zur Schliessung der Artilleriewerke. Einige von ihnen wurden durch Artilleriebunker mit weitreichenden 15.5 cm BISON-Festungskanonen oder mit 12 cm Festungsminenwerfern ersetzt. Doch auch diese jüngste Generation von Festungsgeschützen ist bereits wieder am Verschwinden.
ZAHLEN UND FAKTEN
Gesamtfläche: 8'150 m2
Für Publikum zugängliche Fläche: 7‘550 m2
Ausstellungsfläche «Themenwelt»: 3‘440 m2
Fläche «Historische Festung»: 3‘140 m2
Gesamtlänge Stollen: 2‘140 m
Für Publikum zugängliche Stollen: 1‘789 m
Eingangshöhe: 2‘096 m. ü. M.
Höchster Punkt: 2‘217 m. ü. M.
Bauzeit: 1941-45
Planung und Bauleitung: Büro für Befestigungsbauten (Abteilung für Festungswesen im Eidg. Militärdepartement)
Ausführung (Konsortium): Wyss, Meyer & Co. (Grenchen) und Heinrich Hatt-Haller AG (Zürich)
Baukosten: CHF 10 Mio.
Ausführung: Felsenwerk, teilweise betoniert
Hauptbewaffnung: 4 Bunkerkanonen 15 cm-Kaliber
maximale technische Reichweite: 28 km
praktische Schussdistanz: 10 – 20 km
Nahverteidigung: 6 eingebaute Maschinengewehre
Unterkunft: 497 Betten
Spital: 87 Betten
Wasservorrat: 400‘000 l
Dieselvorrat: 70‘000 l
Munition: ca. 10‘000 Granaten mit Ladungen und Zündern
BAUGESCHICHTE
25.07.1940 General Guisan gibt am Rütli-Rapport seinen Entschluss für eine Zentralstellung in den Alpen bekannt («Réduit National»).
1940 - 1941 Planung des Artilleriewerkes «Sasso da Pigna»
08.09.1941 Beginn der Bauarbeiten. Das erste Projekt sah nur einen Unterkunftstrakt bei den Geschützen vor.
12.09.1942 Bas Büro für Befestigungsbauten nimmt grundlegende Projektänderungen vor. Es lässt einen zweiten Unterkunftstrakt im Bereich der heutigen «Themenwelt Sasso San Gottardo» errichten. Zudem wird ein wintersicherer Eingang gebaut (heutiger Haupteingang).
13.10.1942 Damit das Werk möglichst rasch schussbereit ist, wird entschieden, in der Batterie West bis zur Lieferung der 15 cm Bunkerkanonen provisorisch zwei 10.5 cm Kanonen auf Hebellafette einzubauen.
Juli 1943 Baubeginn beim Fort Abschnitt B (Unterkunftsteil und Haupteingang). Zwei 10.5 cm Kanonen sind schussbereit.
Oktober 1943 Zwei weitere 10.5 cm Kanonen werden in der Batterie Ost eingebaut, womit alle vier Geschützstellungen provisorisch mit diesem Kaliber ausgerüstet sind.
Sept./Okt. 1944 Die 15 cm Bunkerkanonen sind schussbereit.
12.12.1944 Provisorische Übergabe des Fort-Abschnitts A an die Truppe
31.07.1945 Fort-Abschnitt A ist fertiggestellt.
Ende 1945 Abschluss der zweiten Etappe (Fort-Abschnitt B).
06.03.1946 Schlussabrechnung für den Bauabschnitt B. Der Bau der gesamten Anlage kostete insgesamt 10 Millionen Franken – fast das Doppelte des budgetierten Betrages.
1958 – 1959 Ausarbeitung von Ausbauplänen, die den Einbau von zwei weiteren Kanonen für mehr als 6 Millionen Franken vorgesehen hätten. Projektierung eines Verbindungsstollen zum Werk «San Carlo». Keiner dieser Pläne wird jemals verwirklicht.
1997 Letzter Wiederholungskurs der Festungsartilleriekompanie I/6 im Werk «Sasso da Pigna»
01.01.1999 Ausserbetriebnahme des Werks
1999 – 2001 Abtransport der Artilleriemunition
30.11.2001 Aufhebung der Geheim-Klassifizierung
seit 2005-2012 Transformation der Anlage zur Themenwelt «Sasso San Gottardo»
25.08.2012 Eröffnung «Sasso San Gottardo»
weiter infos http://www.sasso-sangottardo.ch/
zum Cache: für den Cache liegt eine Bewilligung vor vom Eigentümer... da ihr mit der erlaubnis etwas betreten müsst... der Cache ist nicht im Eingangsstollen.... aber siehst du wo ?