Neulich bekam ich einen mysteriösen Brief eines
Mannes, der meinen verschollenen Großonkel gekannt haben will. Er
schrieb:
"Nun ist es fast 63 Jahre her und mich quälen
Rheuma und ein schlechtes Gewissen! Mich lassen die Gedanken an
einen jungen Mann nicht los, welcher damals auf meiner Station
isoliert war. Ich habe vor langer Zeit als 20-jähriger in einer
Anstalt für Geisteskranke und Schwerverbrecher als Aufseher
gearbeitet. Da aber niemand außerhalb erfahren sollte was hinter
den Mauern vor sich ging, wurde es als „Heilbad“
getarnt. Durch die modernen Mittel unserer Zeit habe ich
herausgefunden, dass es dein Großonkel sein musste, der seit langem
verschwunden ist. Er kam eines Nachts als Neuzugang auf meine
Station. Er war in einem schlechten Zustand. Völlig unterkühlt und
kraftlos! Damals war ich der Einzige zu dem dein Onkel Vertrauen
hatte. Man hat ihn fast täglich aus seiner Zelle geholt um etwas
aus ihm "heraus zu bekommen", von dem ich keine Ahnung hatte. Wenn
ich nachts meinen Rundgang machte, konnte ich hören wie dein Onkel
im Schlaf redete. Es ging immer um eine Zeichnung, welche niemand
finden würde. Weiter sprach er immer von 4
Räumen…
Eines Tages brach ein Feuer in meinem Trakt aus
und ich versuchte deinen Onkel aus seiner Zelle zu holen, aber
dieser war nicht mehr da… er war verschwunden! Nur einige
Sachen konnte ich aus den Flammen retten - darunter war auch eine
Art Brief, aus dem ich aber nicht schlau wurde. Er muss etwas mit
seinen nächtlichen Phantasien zu tun haben. Leider ist ein Teil des
Briefes bei dem Feuer zerstört worden.
Vor etwa 35 Jahren bin ich an den Ort
zurückgekehrt, konnte aber nichts Brauchbares finden. Auch den
Schuppen aus dem Brief gibt es nicht mehr. Ich habe versucht das
Ganze zu vergessen. Aber es lässt mich nicht los. Nun bin ich alt
und werde diese Ungewissheit wohl mit ins Grab nehmen. Ich schicke
Dir diesen Brief und hoffe Du findest eine Antwort.
Es tut mir leid, dass ich mich nicht früher
gemeldet habe.
Erwin Hoffmann
Dresden 20.September 2007"
Dieser Wärter schickte mir außerdem noch alte
Ansichtskarten und Fotos von den Gebäuden in denen sie meinen
Großonkel festgehalten haben müssen. Einen Lageplan dieser Anstalt
soll es wohl nicht geben…
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