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Die Münzen des Fährmanns

Kapitel 4

Der Jüngling wuchs heran zu einem stattlichen Mann und da er kein Dummkopf war überlegte er lange und ausgiebig, was er mit den Münzen des Fährmannes anstellen solle. So schmiedete er seine Pläne und wartete auf die richtige Gelegenheit.

Eines Tages dann hörte er von einem reichen Kaufmann der schwer erkrankt war und nach einem Heiler suchte, da er sein Ende nah wusste. Michel suchte den Kaufmann an seinem Krankenbett auf als dieser gerade die Sterbesakramente empfangen hatte und sprach: „Guter Mann, Euer Leiden vermag ich nicht zu heilen oder zu lindern. Doch wenn ihr gestorben seid kann ich Euch ins Leben zurückholen und Euer Körper wird jung und gesund sein. Doch dafür verlange ich die Hälfte Eures Besitzes.“ Der Kaufmann, der nichts mehr zu verlieren hatte außer seinem Leben willigte ein, denn er spürte schon den Tod an seinem Bette. Als sein Atem wenige Stunden später verstummte legte sich der Michel auf den Boden, achtete darauf, dass der Beutel mit den Münzen auf seiner Brust lag, platzierte eine Münze für die Überfahrt unter seiner Zunge und nahm sein Messer zur Hand. Damit schnitt er sich seine Handgelenke auf, so dass sein Blut in Wellen seinen Körper verließ. Wenige Schläge seines Herzens später schwanden seine Sinne und alles um ihn wurde schwarz.

Als er die Augen wieder öffnete stand er im Nebel am Ufer eines träge fließenden Flusses. Um ihn herum erkannte er schemenhaft die Seelen der kürzlich verstorbenen, lediglich den Kaufmann erblickte er nicht. Schritt für Schritt folgte er der Menge zu einem Boot, welches am Ufer lag. Der Fährmann, von dem unter seiner dunklen Kapuze kein Blick zu erhaschen war, erhielt von den meisten Seelen seinen Obolus und ließ sie einsteigen, ein paar wenige jedoch hatten nichts anzubieten und wurden fortgeschickt. Michel griff suchend nach seinem Beutel sowie der Münze unter seiner Zunge, beides war da, auch wenn er sonst nackt war. Als die Reihe an ihm war übergab er den Obolus an den Fährmann, doch seinen Beutel mit den Münzen für die Rückfahrt hielt er fest umklammert. Kaum, dass er an Bord war ging die Fahrt auch schon los.

Am anderen Ufer suchte und rief Michel den Kaufmann. Endlich drehte sich dieser aus der Menge der Seelen nach ihm um. Er packte den Alten am Handgelenk und zog ihn zurück zum Fährmann, der gerade mit einer neuen Fuhre Seelen übergesetzt hatte. Geschwind zog er zwei Münzen aus dem Beutel und zeigte sie dem Fährmann. Zornig blitzten dessen Augen plötzlich unter der Kapuze auf, doch er ließ sie passieren und nahm sie mit zur Seite der Lebenden. Kaum hatten Michel und sein Begleiter das diesseitige Ufer erreicht verdichtete sich der Nebel um sie herum, bis nur noch Schwärze zu sehen war. Im nächsten Moment öffnete er die Augen und fand sich wieder zu Fuße des Totenbettes des Kaufmanns. Die Wunden an seinen Handgelenken waren verheilt und sein Gesicht zeigte wieder das Antlitz eines Jünglings. Und auch der Kaufmann war wieder genesen und zu einem stattlichen jungen Mann geworden.

Von nun an war aus dem Jüngling ein reicher Mann geworden und er fand schnell Anschluss an das Leben der Kaufleute. Auch sein wacher Verstand half ihm, seinen Reichtum zu mehren und erfolgreich zu sein.