Das tapfere Schneiderlein
Ein Märchen der Gebrüder Grimm
Teil 5
"Ehe du meine Tochter und das halbe Reich erhältst", sprach er zu ihm, "mußt du noch eine Heldentat vollbringen. In dem Walde läuft ein Einhorn, das großen Schaden anrichtet. Das mußt du erst einfangen."
"Vor einem Einhorne fürchte ich mich noch weniger als vor zwei Riesen; siebene auf einen Streich, das ist meine Sache."
Er nahm sich einen Strick und eine Axt mit, ging hinaus in den Wald und hieß abermals die, welche ihm zugeordnet waren, außen warten. Er brauchte nicht lange zu suchen, das Einhorn kam bald daher und sprang geradezu auf den Schneider los, als wollte es ihn ohne Umstände aufspießen. "Sachte, sachte", sprach er, "so geschwind geht das nicht", blieb stehen und wartete, bis das Tier ganz nahe war, dann sprang er behendiglich hinter den Baum. Das Einhorn rannte mit aller Kraft gegen den Baum und spießte sein Horn so fest in den Stamm, daß es nicht Kraft genug hatte, es wieder herauszuziehen, und so war es gefangen. "Jetzt hab ich das Vöglein", sagte der Schneider, kam hinter dem Baum hervor, legte dem Einhorn den Strick erst um den Hals, dann hieb er mit der Axt das Horn aus dem Baum, und als alles in Ordnung war, führte er das Tier ab, und brachte es dem König.
Vöglein, tsss, unser Held scheint ein Problem mit den Augen zu haben. Wie er die nächste Prüfung besteht, erfahrt Ihr in: Das tapfere Schneiderlein, Teil 6