Die Lampe des Bahnhofswärters

In der Zeit als auf der Bahnstrecke zwischen Plattling und Straubing noch Dampflokomotiven ihren Dienst verrichteten, war auch die kleine Haltestelle in Straßkirchen mit einem Bahnhofswärter besetzt, der die Signale per Hand bediente und sowohl am Tag als auch bei Nacht nach dem Rechten sah, damit in seinem Streckenabschnitt keine Unglücke zu verzeichnen waren.

Die Jahre vergingen, ohne besondere Vorkommnisse.

Bis an einem dunklen, windigen Herbstabend, der Fernverkehrszug aus Richtung Passau pünktlich die Station passierte. Er wurde langsamer und blieb stehen. Der Bahnhofswärter war sichtlich erstaunt, als der Lokomotivführer nervös von seinem Dampfross kletterte und auf ihn zueilte. Das ungewöhnliche daran war, dass für diesen Zug kein Halt in Straßkirchen vorgesehen war.

Der Lokomotivführer berichtete dem Bahnhofswärter von einer alten Frau in ärmlichen Kleidern die vor der Einfahrt in den Bahnhof, vor seinem Zug, gerade noch die Gleise überquerte. Aus Sorge bat er den Bahnhofswärter nach der Frau zu sehen. Der Bahnhofswärter nahm die Lampe die er allabendlich bei sich trug und machte sich auf den Weg zu der Stelle, die ihm der Lokführer beschrieben hatte. Währenddessen setzte der Zug seine Reise fort.

Bis der Bahnhofswärter die Stelle erreicht hatte, war es bereits vollends Nacht und nur der Schein der Laterne erhellte einen kleinen Bereich.

Über ihm die Sterne. Er hob die Laterne über den Kopf und begann zu rufen, ob denn jemand da sei...Stille...nur der Wind der mit dem Herbstlaub spielte war zu hören.

Er rief abermals...dann ein Geräusch...ein Schatten...die Laterne erlosch...Stille

Noch in der Nacht alarmierte die Frau des Bahnhofswärters die zuständige Polizeistation, als ihr Mann nicht nach Hause kam.

Im Laufe des nächsten Tages wurde die Laterne gefunden, vom Bahnhofswärter fehlte jede Spur.

Nach mehreren Tagen, dann Wochen, wurde schließlich die Suche erfolglos eingestellt.

Seine Frau beschloss die Laterne an ihren Fundort zurückzubringen, da sie davon überzeugt war, dass Ihr Mann damit wieder seinen Weg nach Hause finden würde.

Und tatsächlich berichteten immer wieder Leute sie hätten des Nachts einen Mann mit Laterne oder ein Licht in Ferne, an der Stelle gesehen.

Da man die Leute beruhigen, und zugleich die Witwe nicht verletzen wollte, beschloss man eine Straßenlampe an besagter Stelle zu errichten, die bis heute weder renoviert noch ersetzt wurde.

Über die Jahre ist die Geschichte und auch die Laterne in Vergessenheit geraten.

Eine alte Zeichnung aus der damaligen Zeit ist der einzige Hinweis auf den Ort der Geschehnisse.