Namensgeschichte des Bodensee
Der römische Geograph Pomponius Mela erwähnt als Erster um das Jahr 43 n. Chr. den Obersee als Lacus Venetus und den Untersee als Lacus Acronius, die beide vom Rhein durchflossen werden. Der Naturforscher Plinius der Ältere bezeichnet den gesamten Bodensee um 75 n. Chr. erstmals als Lacus Raetiae Brigantinus nach dem damaligen römischen Hauptort am See, Brigantium (Bregenz). Dieser Name ist verbunden mit den hier ansässigen keltischen Brigantiern, wobei offen ist, ob der Ort nach dem Stamm hieß, oder sich die Einwohner der Region nach ihrem Hauptort benannten. Bei Ammianus Marcellinus ist später die Form Lacus Brigantiae zu finden.
Die heutige deutsche Bezeichnung „Bodensee“ leitet sich vom Ortsnamen Bodman ab, der auf althochdeutsch wohl ursprünglich Bodamon lautete. Er bedeutete Auf den Böden, bezeichnete also einen Ort auf einer ebenen Fläche am See. Dieser am Westende des Überlinger Sees gelegene Ort war im frühen Mittelalter für eine gewisse Zeit als fränkische Königspfalz, alemannischer Herzogssitz und Münzstätte von überregionaler Bedeutung, weshalb der Name auf den See übertragen worden sein dürfte („See, an dem Bodman liegt“ = Bodman-See). In den lateinischen Schriftquellen ist der Name ab 833/834 n. Chr. in der latinisierten Form lacus potamicus bezeugt. Daher wurde der eigentlich von der Pfalz Bodman (latinisiert auch Potamum) stammende Name von den klösterlichen Gelehrten wie Walahfrid Strabo fälschlich auf das griechische Wort potamos für „Fluss“ zurückgeführt und als Fluss-See gedeutet. Dabei mag auch der Gedanke an den Rhein, der den See durchfließt, eine Rolle gespielt haben.
Wolfram von Eschenbach bezeichnet ihn auf mittelhochdeutsch als Bodemen- oder Bodemsee, was sich schließlich zum heutigen Namen Bodensee weiterentwickelt hat. Man vergleiche auch den Namen des Bodanrücks, des Höhenzugs zwischen Überlinger See und Untersee, und die Geschichte der Familie Bodman.
Die deutsche Bezeichnung Bodensee wurde von zahlreichen anderen Sprachen übernommen, siehe z. B. nl. Bodenmeer, dän. Bodensøen, norw. Bodensjøen, schw. Bodensjön, isl. Bodenvatn, finn. Bodenjärvi, estn. Bodeni järv, lit. Bodeno ežeras, lett. Bodenezers, russ. Боденское озеро, poln. Jezioro Bodeńskie, tschech. Bodamské jezero, slowak. Bodamské jazero, ung. Bodeni-tó, bulg. Боденско езеро, ukr. Боденське озеро, kroat. Bodensko jezero, alban. Liqeni i Bodenit.
Auch in vielen asiatischen Sprachen heißt der Bodensee so, z. B. aserbaidschan. Boden gölü, tatarisch Боден күле, marathi बोडन से Bōdana sē, mandarin 波登湖 / 博登湖, Bódēng-hú, kor. 보덴 호 Boden-ho, jap. ボーデン湖 Bōden-ko.
Nach dem Konzil von Konstanz im 15. Jahrhundert verbreitete sich im (katholisch-) romanischen Sprachraum der alternative Name Lacus Constantinus – eine schon 1187 als Lacus Constantiensis bezeugte Form – mit Bezug auf die am Ausfluss des Rheins aus dem Obersee liegende Stadt Konstanz, die ihren Namen (Constantia) wiederum wohl dem römischen Kaiser Constantius Chlorus (um 300 n. Chr.) verdankt, also frz. Lac de Constance, ital. Lago di Costanza, port. Lago de Constança, span. Lago de Constanza, rumän. Lacul Constanța, griech. Λίμνη της Κωνσταντίας – Limni tis Konstantias. Auf französischen Einfluss gehen arab. بحيرة كونستانس buħaira Konstans und wohl auch türk. Konstanz gölü zurück. Auch im romanisch beeinflussten Englisch fasste der Name als Lake Constance Fuß und wurde seitdem von dort in weitere Sprachen exportiert, z. B. hebr. ימת קונסטנץ yamat Konstanz, kiswahili Ziwa la Konstanz. In manchen Sprachen existieren beide Formen nebeneinander: z. B. rätoromanisch Lai da Constanza neben Lai Bodan, esperanto Konstanca Lago neben Bodenlago.
Die poetische Bezeichnung „Schwäbisches Meer“ haben Autoren der frühen Neuzeit und der Aufklärung von antiken Autoren, möglicherweise Tacitus übernommen. Allerdings lag dieser Übernahme ein Irrtum zu Grunde (ähnlich wie etwa auch beim Teutoburger Wald und dem Taunus): Die Römer hatten nämlich nicht den Bodensee, sondern die Ostsee manchmal als Mare Suebicum bezeichnet. In Zeiten, als die Römer die von ihnen so genannten „Sueben“, einen damals elbgermanischen Stamm, auch in der Nähe eines Meeres verortet hatten, war dies verständlich. Die Autoren der Frühneuzeit übersahen dies und übernahmen die Bezeichnung für den größten See mitten im ehemaligen Herzogtum Schwaben, zu dem unter anderem auch Teile der heutigen Schweiz gehörten. Heutzutage wird die Bezeichnung Schwäbisches Meer aufgrund der Größe des Bodensees auch scherzhaft-übertreibend verwendet.
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