Der Lindwurm 
Über die als Tatzelwurm, Beißkatze, Steinmolch oder auch Lindwurm bekannte Spezies haben sich im Laufe des nicht immer harmonischen Zusammenlebens und -sterbens mit Homo Sapiens etliche Fakten und noch mehr Mythen in die Bücher, Überlieferungen und Aberglauben beider Seiten geschlichen.
Gefürchtet war die Grausamkeit der Einen, Verachtet die Verschlagenheit der Anderen, besungen die Gier nach Gold und Schätzen Beider. Dabei schien der Konflikt mehr aus Gemeinsamkeiten denn aus Unterschieden zu wachsen; beiden wurde ein Hang zu Blutbädern, eine Vorliebe für Jungfrauen, der Verwüstung ganzer Wälder durch Feuer und ein Verzehr des jeweils anderen nachgesagt, wobei vieleicht die Garmethoden unterschiedlich gewesen sein mögen.
Gottlob sind diese grausamen Zeiten vorbei, auch wenn es nur auf ein Verschwinden der Lindwürmer beruht. Verschwinden schreibe ich, aber ob es wirklich ein solches oder nur ein sich verbergen ist - wer kann das heute schon sagen?
Geblieben ist uns auf jeden Fall der Respekt vor dem Feuer, die Angst vor Schatten in der Dunkelheit und die Erinnerung in manchen Orts- und Flurnamen - und hütet Euch vor Leuten, die diese mit den Verweis auf eine harmlose Baumart abtun mögen.
Wer kann in den Mythen und Geschichten die Körnchen Wahrheit erkennen, die sich zweifelsohne noch immer darin befinden, verdünnt, vermischt, zerstoßen, wie glänzender Goldsand in einem sprudelnden Bach?
Auf eine dieser Wahrheiten möchte ich nach dieser vielleicht etwas abschweifenden Einleitung Eure Aufmerksamkeit lenken, werter Leser, nämlich die das Schuppenkleid der Lindwürmer betreffende: Hatte ein Wurm einen beträchtlichen Schatz gesammelt, so pflegte er immer wieder zu diesem zurückzukehren, womöglich um Beute zu dessen Vermehrung abzuladen, womöglich um sich von dessen Unversehrtheit zu überzeugen, womöglich auch, um einen unglückseligen Schatzsucher ein plötzliches Ende zu bereiten.
Eine Legende besagt nun, dass sich dadurch im Schuppenkleid des Lindwurms allmählich ein Abbild des Weges einprägte. Uneins sind sich die Gelehrten darüber, ob dies nun nur bedeutet, dass Dornen und Steine ihre Spuren in der Haut des vorbeihastenden Wurms hinterließen, oder ob es eine tiefere Bedeutung gibt.
Aus alten Chroniken stammt dieses Abbild der Haut des Wurms, der hier von einem Trupp Ritter in einen Hinterhalt gelockt und gemeuchelt wurde.
Keinem Abenteuerer vor Euch ist es jedoch gelungen, dem Lindwurm dieses Geheimnis zu entreißen, und von den wenigen, die behaupteten, die Lösung gefunden zu haben, sind keine je wieder zurückgekehrt.
Die Lindwurmhaut 