Habe tagelang nicht
geschlafen und allein der Geruch von Essen bringt mich zum
Kotzen.
Nur die regelmäßige Zufuhr von Wodka hemmt ein wenig die Bilder vom
geschundenen Fleisch. Der Anblick und der Schmerz den ich
empfand...
Wie sehr nur musstest du leiden, meine wunderbare Lucy?
Ich warte immer noch auf einen Anruf der Polizei... wann meine
Lieben zur Bestattung frei gegeben werden.
Immer die Frage nach dem Warum, warum ihr, warum überlebte ich?
Ich werde euch
rächen, den Täter leiden lassen, so wie er es mit uns tat.
Es klingelt und ich bewege mich, so schnell wie mir möglich,
schwankend zum Telefon.
Es ist eine Frauenstimme, die mich bittet, zur Pathologie zu
kommen.
Sie wollen eine Bestätigung - die Zustimmung, dass ihr die Toten
seid.
Steige trunken in mein Auto und fahre zur Klinik, danach mit dem
Fahrstuhl ins Kellergeschoss... Angst vor erneuten Bildern -
einfach Angst vor der Endgültigkeit.
Stehe verloren im
Wartebereich, senke den Kopf und warte bis ich aufgerufen
werde.
Ich versinke in Gedanken und denke zurück - zurück an unser
Spiel.
Wie sehr hat sich Denny gefreut, wenn er die versteckten, farbig
gekennzeichnetten Behälter gefunden hat. In denen jeweils der
textliche Hinweis zum nächsten Behälter war. Er notierte sich die
Reihenfolge der Fundorte und die dazu gehörigen Farben.
Aufgeregt kam er zu mir, als er den achten und letzten Behälter
gefunden hat, damit wir gemeinsam die Buchstaben der Farbnamen,
Buchstabe für Buchstabe, in Zahlen umsetzen (A=1).
Etwas schwieriger war für ihn, das Bilden einer einstelligen
Quersumme, so dass er zum Schluß eine achtstellige Zahl
erhält.
Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen als eine kleine
dunkelhaarige, irgendwie strange Frau bittet mich in den
sogenannten OP, wo sie zerstreute Körper sarghübsch
zusammenflicken.
Sie versucht mich mit ruhigen Worten darauf vorzubereiten und es
wirkt als wüsste sie um meine Gefühle.
Das erste
Leichentuch wird zurück geschlagen - zerrissenes Bild meiner Lucy.
Ich breche zusammen, schreie vor Wut und Leid.
Deine engelhafte Gestalt zerstört, hätte lieber die alten, guten
Bilder von dir im Gedächtnis behalten.
Obwohl ich deine makellose Schönheit oft verfluchte, dachte dich
nie allein besitzen zu können.
Dann wurde das nächste Tuch gelüftet, Danny der Jüngste!
Es ist ein unbeschreiblich schreckliches Gefühl, das eigene Kind
tot vor Augen zu haben...
Innerlich wartend, dass das dritte und letzte Tuch erhoben wird,
damit diese Hölle endlich endet!
Will nur noch hier raus.
„Herr Warner,
wenn ich irgendwas für Sie tun kann...“ Ich:
„NEIN!“,
„Dann brauch ich eine Unterschrift, damit die Torsen zum
örtlichen Bestattungsinstitut überführt werden können!“
„Und was ist mit Ian? Wo ist er um
Himmelswillen!“
Die Pathologin schaut mich erstaunt an und meint: „Wie? Wo
ist Ian...“
„Ich habe nur zwei Leichen bekommen bzw. mehr war dort in
diesem Gebäude nicht zu finden.“
Ich laufe aus dem Zimmer, aus dem Gebäude und das Gefühl von Angst
und Hoffnung ist gleichermaßen vorhanden!
Lebt Ian? Dieses
Schwein hat ihn noch immer... Ich werde dich finden mein Schatz!
Keine Angst!!!
In den letzten Tagen
musste ich mich um die Beerdigung von Lucy und Danny kümmern, die
nächste Woche beigesetzt werden sollen! Desweiteren habe ich
tausende Handzettel gedruckt und verteilt um Ian zu finden. Gebe
die Hoffnung nicht auf, niemals!
Er soll die Chance haben sich am Grab von seiner Mutter und seinen
Bruder zu verabschieden… um irgendwie die Bilder zu
verarbeiten, welche sich in Coswig in seine Seele brannten!
Natürlich habe ich die Polizei noch nicht vom Fehlen Ians
unterrichtet… Will den kranken Wichser der meine kleine
Familie zerstört hat selbst fertig machen! Am kommenden Tag erhalte
ich einen Anruf aus Köthen, man hätte meinen Sohn nahe der alten
Malzbrauerei gesehen.
Ich packe ein paar Sachen für mich und ihn zusammen und mache mich
auf den Weg. Etliche Gedanken irren durch meinen Kopf, hoffentlich
geht es ihm gut.
Das Adrenalin dämmt die Wirkung vom Wodka ein und ich schaffe es
klar zu denken. Hoffentlich ist das nicht nur ein billiger Scherz
und ich werde Ian dort finden, ich habe solche Angst!
Gottverdammtes wehleidiges Arschloch denk ich mir…reiß dich
zusammen! Stell das Radio an, Iron Maiden – The number of the
beast…
"Ich lebte allein mein Kopf war leer
Ich brauchte Zeit zum Denken um diese Erinnerungen zu
vergessen
Was habe ich gesehen? Konnte ich glauben, dass das was ich gesehen
in
dieser Nacht wirklich war und nicht nur Fantasie?
Bloß was ich in meinen alten Träumen sah waren die
Spiegelungen von meinen verschrobenen Geist, mich wieder
anstarren
weil es in meinen Träumen immer da ist
das böse Gesicht, dass mich verrückt macht
und mich zum verzweifeln bringt"
Komme an ein großes stählernes Tor, was zum Gelände der Brauerei
führt, steige aus meinen Wagen und laufe direkt los.
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