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Das Tor nach Q'Soth Mystery Cache

Hidden : 3/26/2007
Difficulty:
3.5 out of 5
Terrain:
2.5 out of 5

Size: Size:   regular (regular)

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Geocache Description:

Ein Story-Mystery, dessen größten Teil man ohne GPS-Gerät erledigen kann und muss. Wenn man nach Lektüre des Textes genau weiß, an welche Orte man gehen sollte, kann man alle Stages in 2 Stunden oder schneller erledigen.

Das Tor nach Q´Soth

Mach Dich auf die Suche nach den verbotenen, Macht verheißenden Aufzeichnungen des Jakob Küster... wenn Du Dich traust!

Dieses kurze Tagebuch stammt aus dem Nachlass eines Insassen der Marburger Psychiatrischen Anstalt namens Heinrich Schubert. Er verstarb dort im Frühling des Jahres 1907, zwei Jahre nachdem er ziellos umherwandernd im Marburger Stadtteil Marbach aufgegriffen wurde. In dieser Zeitspanne sprach er kein einziges Wort, erhob niemals den Blick und war unfähig der Verrichtung einfachster Dinge des alltäglichen Lebens. Das gezeigte Schriftstück legt nach Einschätzung des behandelnden Arztes deutlich Zeugnis ab über das rasche Fortschreiten einer schweren Geisteskrankheit, die in diesem letzten und fatalen Stadium mündete.

Montag, 14. März
So fange ich also doch noch damit an, ein Tagebuch zu führen. Wie so viele andere hatte ich oft mit diesem Gedanken gespielt und ihn ebenso oft wieder verworfen aus Zweifel, ein ausreichend interessantes Leben zu führen, dieses der Nachwelt zu hinterlassen. Heute jedoch treibt mich ein seltsamer Drang dazu, meine Gedanken festzuhalten und wer weiß, vielleicht führe ich dies gar als Gewohnheit fort.
Ich bin nun bereits über zwei Jahre in Marburg, um die Philosophie und die Medizin zu studieren. Große Erfolge kann ich mir weder auf dem einen noch auf dem anderen Gebiete zu Gute halten. Nachdem mir schon sehr bald der beengte und geradezu unheimliche Charakter dieser verwinkelten Stadt aufs Gemüt geschlagen war, verbrachte ich die meiste Zeit in der großen Bibliothek und blätterte bald hier und bald dort in uralten, verstaubten Büchern. Für den Leser dieser Zeilen mag es später so klingen, als schüfe diese Gewohnheit eine hervorragende Basis für den Erfolg meiner Studien. Doch waren es weniger die Klassiker der Logik oder Anatomie, die mein Interesse derart fesselten, sondern eine Auswahl verworrener und kaum verständlicher Manuskripte scheinbar umnachteter Autoren, die ich zum Teil aus den tiefsten Winkeln der endlosen Regale und Emporen ans flackernde Licht der Kandelaber gezerrt hatte. Meine schwermütig düsteren Launen passten hervorragend zu dem poetischen Klang dieser unverständlichen Texte und der in ihnen enthaltenen fremdartigen Namen; Ahriman, Bajang, Vaya, Q´Soth.
Heute bereue ich derart vom Weg abgekommen zu sein. Und ich meine nicht den fehlenden Erfolg meiner universitären Ausbildung. Ich bereue nicht das Fehlen von Wissen, oh nein. Es ist gerade das Wissen, dass mich nachts wach in meinem Schweiße liegen lässt aus Furcht vor Träumen, die im tosenden Abgrund des Schlafes lauern. Das Wissen, dass niemals jemand hätte erlangen sollen. Das einen Menschen um den Verstand bringen kann, ist es doch niemals für einen beschränkten solchen gedacht gewesen. Der zuerst sinnlose Singsang dieser vergilbten Seiten hat sich auf furchtbare Weise zu einem Ganzen gefügt, welches erzählt von Dingen und Wesen jenseits dieser Welt, außerhalb unserer Vorstellungskraft und den Dimensionen, die wir in unserer kümmerlichen Erkenntnisfähigkeit als Raum und Zeit zu kennen glauben.
Doch will ich aus meinen fiebrigen Gedanken zurückkehren zur Erinnerung an den heutigen Tag. Der Anlass, diesen festzuhalten, ist mein Zusammentreffen mit einem Mann namens Jakob Küster. Dieser mir bis dato unbekannte ältere Herr trat heute hinter mich an meinem Lesepult und begann unvermittelt ein tiefgehendes Gespräch über Thematiken, in denen ich mich zuvor noch exklusiv bewandert wähnte. Und zeigte er nicht nur eine gewisse Kenntnis, wie sie von einem oberflächlichen Leser zu erwarten wäre, sondern gewährte mir ganz im Gegenteil völlig neue Einblicke in die Zusammenhänge vielfach gewinkelter Sphären erhöhter Kadenz. Küster musste mich schon geraume Zeit beobachtet haben, vielleicht schon Wochen oder länger. Wie sonst hätte er wissen können, dass ich über derartige Kenntnisse verfüge, die ich zuvor noch nach bestem Gewissen für der Menschheit verloren und von mir allein wiederentdeckt hielt?
So sehr ich eine kurze Weile erneut der Faszination dieser grauenhaften Dinge erlag und mit Küster über diese und jene Feinheiten schwadronierte, so sehr sehne ich mich jetzt bereits wieder danach, all dies vergessen zu können und einfach ein erfolgloser Student von vielen zu sein. Doch sprach Küster nicht nur rein akademisch, sondern weihte mich als würdigen Kenner der Materie in seinen Plan ein, dieses verbotene Wissen einzusetzen. Mit blitzenden Augen und geröteten Wangen berichtete er von gewissen Vorbereitungen, die ihm schlussendlich eine unvorstellbare Tat ermöglichen könnten: Ein Tor nach Q´Soth. Der Mann ist bei all seiner unbestreitbaren Intelligenz vollkommen übergeschnappt. Und sein Wahn könnte wesentlich mehr Unheil hervorbringen als nur seinen eigenen Tod oder die vergleichsweise harmlose vollständige Verwüstung dieser ohnehin trostlosen Stadt.

Mittwoch, 16. März
Den gestrigen Tag verbrachte ich zur Gänze in der Bibliothek. Ich hoffte Küster erneut zu treffen, nachdem ich am Montag zu erstaunt und überrumpelt gewesen war, um ihn ernsthaft von seinem Vorhaben abbringen zu können. Doch tauchte er nicht auf.
Anders heute. Wie beim letzten Male stand er mit einem Male hinter mir ohne dass ich ihn hätte kommen hören. Er trug erneut die mir bekannte kostspielige, doch schlichte Kleidung und ich meinte einen Hauch vom Geruch des Pfeifentabaks wahrzunehmen, der sich nahtlos in das stereotype Gesamtbild eines aufrechten, alten Professors einfügte. Den Wahrheitsgehalt dieser Einschätzung hinterfragte ich nicht weiter ob meines weitaus dringenderen Anliegens.
So bedrängte ich ihn nun und argumentierte mit allem mir zur Verfügung stehenden Wissen und dem geeigneten Eifer, den man vernünftigerweise einem Wahnsinnigen gegenüber zur Schau stellen darf. Denn so wie man einen Schlafwandler nicht wecken sollte, sondern sanft zu seiner Schlafstätte zurück geleiten sollte, so versteckt und hintergründig wollte ich mit meinen Worten seinen Wahn beenden oder ihn doch zumindest von diesem seinen sich gesteckten Ziele abbringen. Doch verlor ich den Faden und ließ ihn öfter zu Wort kommen, als es angeraten war bei einem solchen Maniker. Bald schon erläuterte er mir in den schillernsten Farben erneut die Details seines Vorhabens, die Macht die es zu gewinnen galt und die Kontrolle, die er über jegliches notwendige Prozedere habe. Er berichtete von gewissen Magiern und Hexen der Antike und des Mittelalters, die diese Titel völlig zu Unrecht trügen, da sie ihre furchtbare Macht aus keiner anderen Quelle gezogen hätten, als aus eben einem solchen Tor, welches er zu schaffen gedachte. Er verstünde genau das Wesen all dieser ineinander verschachtelten Welten und ihrer Übergänge, auch wenn mir all dies eine übermenschliche Leistung erschien. Gerade diese Stadt sei der rechte Ort für sein Treiben, wurde doch schon vor undenkbaren Zeiten ein vergessener Tempel errichtet zur Huldigung dieser unvorstellbaren Wesenheiten, die in den kalten Zwischenräumen der Welten weilen. Genau diesen Ort habe er sich erkoren als sein Zeremonienplatz zu dienen. Die geometrische Form dieses Ortes sei von ganz wesentlicher Bedeutung und die Zahl seiner Ecken würde mir ebenfalls eines Tages Erleuchtung bringen, versprach er.
An dieser Stelle gelang es mir noch einmal ihn zu unterbrechen. Doch ist es wohl meiner Arroganz geschuldet, dass ich versäumte ihn erneut zu warnen, sondern stattdessen einwarf sehr wohl ein tiefes Verständnis der Raumgeometrie zu haben. Es ist ja nun für jeden einsichtig, dass ich in dem einen Jahr, dass ich mich ausgiebig mit dieser Materie befasse, nicht all diese Formeln und Berechnungen, Tabellen und Graphiken hatte erstellen können, die Küster sein eigen nennt. Man kann mir also kaum vorwerfen, einige komplexe Probleme stundenlang überdenken zu müssen, wo Küster schnell in diesen seinen persönlichen Aufzeichnungen nachschlägt. Das sagte ich ihm dann auch in angemessen tief getroffenem Tone. Seltsamerweise traf ausgerechnet dies einen Nerv und das erste Mal überhaupt gestand er Zweifel ein. Er zog mich ganz nah heran und flüsterte mit bebender Stimme, so als wolle er diese Bedenken vor seinem eigenen Selbst verbergen. Sollte Blitzschlag oder ein ähnlich unwahrscheinliches, nicht vorhersehbares Unbill zu seinem Versagen führen, dann sei es an mir. Das sei der einzige Grund, warum er mich überhaupt erst erwählt habe. Er fasste mich bei diesen Worten fest an den Schultern und ich versank geradezu in seinen hypnotischen Augen. Ganz in der Nähe des Zeremonienplatzes am alten Tempel würde er seine Aufzeichnungen hinterlegen, mit deren Hilfe ich - so Gott oder dessen ewiger Gegenspieler will – die unermesslichen Gefahren seines Versagens bannen könne. Mit den letzten Worten dieses Gesprächs gelobte er bei allem was ihm heilig sei und auch allem anderen, da ersteres nur wenig sei, mir den Weg vom Tempel zu seinen Büchern zu gehöriger Zeit zu beschreiben.
Dann war er fort und ich sah ihn nicht gehen, so sehr hallten seine Worte in meinem Geiste wider und tun es jetzt noch immer. „An mir“ ist es im Falle des Falls? Jakob Küster, der mir hundertfach überlegen scheint im Wissen um diese verbotene Materie, erwählt mich als Wächter im Falle seines Versagens? Mit gleichem Recht hätte er den Dorftrottel erwählen können oder einen beliebigen Passanten. Küster ist mir derart weit voraus, dass ich ihm wohl nur an geistiger Gesundheit überlegen bin, sonst an gar nichts.

Donnerstag, 17. März
Nachdem ich gestern die obigen Zeilen schrieb, haben mich noch lange düstere Gedanken umgetrieben und an Schlaf war nicht zu denken. Obwohl mich mein dumpfes Brüten im Sessel wohl müde hätte machen sollen, hielt mich eine Mischung aus Angst, Verwirrung und seltsamen Ahnungen wach. Es dämmerte bereits der heutige Morgen, als ich endlich die Kerzen ausblies und mich ins Bett legte, worin ich gegen meine Erwartung sofort in einen leichten Schlaf fiel, der jedoch wie so oft durchsetzt war mit grauenhaften Traumbildern. Ich bin erst lange nach dem Mittag aus diesen quälenden Nachtmahren in die lichte, helle Welt zurückgekehrt. Viel zu spät, um die letzte Chance wahrzunehmen, Küster aufzuhalten. Er hatte mir einen Brief geschickt oder wahrscheinlicher eigenhändig hier eingeworfen, in dem er mich zu einem Treffen bittet am heutigen Tage um ein Uhr. Diesen Termin hatte ich bereits verpasst, als ich das Bett verließ. Wer kann schon sagen, wie sich der heutige Tag sonst entwickelt hätte. Ich habe gestern Nacht sehr ernsthaft mit dem Gedanken an einen Mord gespielt. Es gibt ausreichend viele Gutmenschen auf dieser Welt, die sich das Aufrechnen von Menschenleben gegeneinander selbst verbieten, doch gehöre ich nicht zu ihnen. Doch zu spät nun, ich habe ihn verpasst.
Viel zu spät bin ich dennoch zum verabredeten Treffpunkt aufgebrochen in der Hoffnung, dass Küster auf mich gewartet haben könnte. Eine Bank an dem kleinen Teich im botanischen Garten hatte er angegeben, die ich auch sofort fand, jedoch unbesetzt. Ich wanderte noch einige Male um den Tümpel herum, vielleicht käme Küster ja selbst zu spät, dachte ich. Fast eine Stunde vertrödelte ich so im botanischen Garten, scheuchte Enten über die Wiese, trat Tannenzapfen vor mir her und aus einer albernen Laune heraus schnitzte ein meiner nie erreichten Jugendliebe gewidmetes Herz in einen Baum voller Misteln.
Diese sinnleere romantische Duselei wurde mir mit einem Schlag und von einer Sekunde auf die andere ausgetrieben und ersetzt durch das Grauen der Realität. Ich konnte plötzlich mit jeder Faser meins Seins spüren, das etwas begonnen hatte. Obwohl keiner meiner fünf natürlichen Sinne auch nur die kleinste Veränderung in der mich umgebenden Abenddämmerung wahrgenommen hatte, erfasste mich eine eiskalte Woge der Erkenntnis, trieb mich vor sich her und suchte meinen Geist an den Klippen verbotenen Wissens zu brechen: Küster kam nicht mehr. Irgendwo unweit dieser verfluchten Stadt hatte er seine Vorbereitungen abgeschlossen und streckte die Hand aus zur Klinke des Tors nach Q´Soth. Und wenn ihm in dieser Nacht auch nur der kleinste Fehler unterlief, könnten unnennbare Dinge geschehen, die all diese nichts ahnenden Menschen um mich herum nicht einmal im Ansatz begreifen könnten, bevor es sie bereits ausgelöscht hatte.
Ich ging heim, und das schnell. Obwohl in meiner Umgebung das Leben seinen ganz normalen Lauf zu nehmen schien konnte ich fühlen wie sich ganz langsam grauenhaftes Nichts zwischen allen Dingen des Seins erhob. Diese Worte müssen für jeden anderen unverständlich klingen, doch ist die menschliche Sprache nicht dafür gemacht Phänomene widerzugeben, die man nicht einmal komplett begreifen kann. Ohne jeden Zweifel jedoch begann sich heute nachmittag das Tor zu öffnen und noch immer schwingen seine Flügel zurück, während ich hier schreibe.
Derart verstört hastete ich auf schnellstem Wege zu meiner Bleibe zurück. Nur wenig mehr als zweihundert Schritte den Pilgrimstein hinab bog ich auf meinen täglichen Heimweg ein, die Enge Gasse empor. In dem stumpfen, schwindenden Licht konnte ich kaum noch erkennen wo der Berg endete und wo der Himmel anfing. Normalerweise zähle ich wie von selbst die vielen Stufen mit, die ich hier erklimme. Eine dieser beinahe neurotischen Gewohnheiten, die man unmöglich bewusst abstellen kann. Es mag meinen Geisteszustand verdeutlichen, dass ich heute selbst diese tägliche Gewohnheit vor lauter Erregung vergaß.
Wie auch immer. Ich schreibe wirres Zeug, scheint mir. Und wer will es mir verübeln? Und wird morgen überhaupt noch jemand am Leben sein, es mir zu verübeln? Ich spüre das Dunkle, wie es in die Welt kriecht. Eiskalte, messerscharfe Wolken sickern durch den Spalt. In Farben und Formen, die der Geist nicht fassen, nicht benennen kann, ja nicht einmal als solche erkennen vermag. Mein ganzes Selbst und Sein spürt es näher kommen! Es soll aufhören, es soll doch nur aufhören! Ich habe Angst!

Freitag, 18. März
Manchmal wünscht man sich, dass jemand den Raum beträte und einem ganz ruhig erklärte, dass man an einer schweren Geisteskrankheit leide. Heute ist das Gegenteil geschehen: Mir wurde sozusagen behördlich bescheinigt, zu Recht vollkommen verängstigt zu sein. Das Klopfen von Polizisten an meiner Türe hat mich noch vor Sonnenaufgang geweckt, nachdem ich irgendwann auf dem Stuhl sitzend eingeschlafen sein muss.
Die Beamten ersuchten mich um Hilfe bei der Identifikation eines Mannes, der auf einigermaßen spektakuläre Art und Weise den Tod gefunden hatte. Der Ort des Geschehens lag am Nordrand der Stadt auf dem Weg nach dem Dorfe Wehrda kurz vor einem Wehr, dass die Lahn in zwei Arme spaltet. Der Mann war offenbar in schnellem Lauf einen Berghang hinunter gekommen und hatte ohne zu verlangsamen die Straße zu überqueren gesucht. Hierbei war er von einer Kutsche überrollt worden. Mit von seinen schweren Verletzungen getrübten Sinnen war er einige Meter weiter in die Lahn getorkelt, dort bald im tosenden Wasserfall ertrunken und hing nun in einem Baum inmitten des Flusses fest. Diese unwahrscheinliche Geschichte hatte wahrlich das Zeug dazu, im Zirkus von Clowns parodiert die Menge zum Johlen zu bringen. Nur dass ich zu diesem Zeitpunkt bereits so eine Ahnung hatte, wer dieser Tote sein könnte und dass die Implikationen seines Todes jeden Gedanken an Gelächter zum Schweigen brachte. Einige seiner Habseligkeiten waren angeschwemmt worden, darunter ein Zettel mit meinem Namen darauf, der die Anwesenheit dieser Herren vor meiner Tür erklärte.
Kurz darauf fand ich mich auf den sogenannten Afföllerwiesen wieder, einem großen Stück sumpfigen Weidelands in der Flussniederung direkt vor den Toren der Stadt. Leichter Morgennebel lag über dem Boden und Tau glitzerte im Gras. Alles in allem ein wunderschöner früher Morgen wären da nicht die Boote der Feuerwehr, die mit langen Stangen und Seilen im Fluß nach einer Leiche angelten. Diese lag dann bald vor mir. Die in der Tat schweren Verletzungen führten die umstehenden Narren einhellig auf die Kollision mit der Kutsche, die Hufe der Pferde und die spitzen Steine am Grunde des Wasserfalls zurück. Nur wer schon einmal von den Anaya gelesen hatte, welche auf der verschneiten Hochebene Leng leben und in den tiefsten Katakomben unter den Dschungeltempeln bestimmer südlicher Inseln, konnte diesen Verletzungen ihre wahre Natur ansehen. Die Bilder, die in jedem von uns heraufziehen, wenn wir das Wort „Dämon“ hören, kommen nicht von ungefähr, sondern von uralten Erzählungen und visionären Ahnungen über den Raum zwischen den Welten. Welten, zwischen denen der Mann, der hier vor mir lag, ein Tor aufstoßen wollte.
Am Rande rauschender Stromsschnellen schritt ich tief in Gedanken versunken das Ufer entlang. Ich blickte über den Fluss und auf der anderen Seite dräuten über mir die noch in tiefen Schatten liegenden bewaldeten Berge, aus denen Küster geflohen war. Geflohen vor etwas, das nun irgendwo dort in den Schatten lauerte und nur allzu bald mehr Opfer fordern würde als der Azhi Dahaka. Und dass es sich nur um eine einzelne Kreatur handelte, war die vorsichtige Schätzung. Nicht auszudenken, wenn gar das Tor noch offen stand. Wie ich so vor mir hin sann, stand ich plötzlich wenige Schritte nordwärts des Wehrs an einer Weide mit neuen Trieben, die zuvor ein sehr dicker, hohler Baum gewesen sein musste und sah daran ein Stückchen Papier, dass feucht am Stamme klebte und das ich später dort zurückließ. Darauf eine kurze Kritzelei, die ohne jeden Zweifel Küster hier hinterlassen hatte. Er hatte den Sturz ins Wasser also überlebt und musste sich gar noch schwimmend auf das andere Ufer hierher bewegt haben, bevor ihn Kräfte oder Sinne verließen. Mit dieser letzten Handlung seines Lebens hatte er beide Versprechen erfüllt, die er mir im Laufe unserer kurzen Bekanntschaft gegeben hatte. Ein verblendeter Narr, doch ein Ehrenmann dabei.
Doch sei Küster welchen Charakters auch immer gewesen, fest steht, dass er sich nicht mehr um die Folgen seines Versagens wird kümmern können. Anders ich, der ich – zumindest noch einige Minuten – unter den Lebenden weile. Nun sitze ich hier jetzt in der Stadtbücherei in der Ketzerbach. Schräg gegenüber die Elisabethkirche, in der ich auf dem Weg hierhin die Beichte abgelegt habe. Sicher ist sicher. Ich habe hier eine Unzahl Bücher über die Geschichte der Umgebung gewälzt, historische Kriminalakten durchforscht und jede noch so kleine Andeutung Küsters bezüglich seines Zeremonienplatzes recherchiert. Und nun am Ende dieses fürchterlichen Tages habe ich tatsächlich die Lage des uralten Tempels herausgefunden. Ich musste beinahe lachen ob dieser ironischen Absurdität. Auf den geschleiften Fundamenten dieses abscheulichen Tempels war von törichten Unwissenden ein Sinnbild für das unbeschwerte fröhliche Leben errichtet worden.
Nun denn, es hat keinen Zweck das Notwendige noch länger hinaus zu zögern. Auch wenn mir das Schreiben dieser Zeilen eine gewisse Beruhigung verschafft. Zumindest besteht die Möglichkeit, dass im Falle eines Fehlschlages jemand diesen Text liest und erfährt, dass ich nicht einfach der erfolglose Student Heinrich gewesen bin, sondern der Held Heinrich, der auszieht eine Stadt zu retten, die er genauso wenig mag wie seine Bewohner ihn. Na sei es drum, jeder tut was er am besten kann. Als weitere Sicherheit hinterlege ich für mögliche Nachfolger die geographischen Koordinaten des Tempels in einigen dieser Bücher hier vor mir, als da sei „Germania“ von Tacitus beziehungsweise Houranis berühmtes „Die Geschichte der arabischen Völker“. Um Unwissende nicht direkt in ihr Verderben zu geleiten verschlüssele ich diese mit dem Initial meiner großen Liebe und der Zahl der Himmelsstufe, die ich auf meinem täglichen Heimweg zu erklimmen pflege.
Die Sonne sinkt und Schatten legen sich über die Welt. Doch ist diese Dunkelheit nur ein schwächlicher, blasser Abklatsch der Lichtleere, die Küster mit dieser Welt verwirbelt hat. Mit der Hilfe seiner Aufzeichnungen kann ich vielleicht das Schlimmste eindämmen, wenn ich diese überhaupt erreiche, während hinter jedem Baum und selbst hinter dem Nichts dieser Welt todbringende Gefahr lauert. So scheide ich denn.

Offene Hinweise:
1. Heinrich kennt den Unterschied zwischen Misteln und Hexenbesen genausowenig wie Joffi :D
2. Die Geheimunterlagen sind selbstredend äußerst gut getarnt und der Empfang in der Gegend nicht der allerbeste. Du bist richtig, wenn Du an gemauerten Steinen herumschnüffelst. Viel Spaß!

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